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C:L:
Herr Dr. Löber, Sie
sind Co-Autor des Stan-
dardwerks „Erben und Vererben
inSpanien“, das bereits in 4. Auf-
lage vorliegt. Wir haben gehört,
dass die EUErbrechtsverordnung
bei deutsch-spanischen Erbsituatio-
nen die Lage wesentlich verändert.
Diese Verordnung tritt zwar erst am
15. August 2015 in Kraft; welche
Veränderungen bringt sie mit sich?
Dr. L.:
Der wesentliche Wechsel
im System ist, dass nicht mehr die
Staatsangehörigkeit des Erblassers
das anwendbare Recht bestimmt,
sondern dessen letzter Wohnsitz.
C:L:
Bedeutet das, dass spanisches
Erbrecht Anwendung findet, wenn
die letzte Wohnstätte eines deut-
schen Ruheständlers in Spanien
liegt?
Dr. L.:
Genauso ist es. Und na-
türlich andererseits auch das deut-
sche Recht bei letztem Domizil des
Erblassers in Deutschland. Dies gilt
selbst dann, wenn er Vermögen in
Spanien hinterlässt. Dann gilt nach
wie vor sein deutsches Heimatrecht
für den Gesamtnachlass. Es findet
also keine Nachlassspaltung statt.
C:L:
Welche Konsequenzen hat es
denn beispielsweise für ein deut-
sches Ehepaar mit letztem Wohn-
sitz in Spanien, wenn spanisches
Erbrecht zur Anwendung gelangt?
Dr. L.:
Das spanische Erbrecht fa-
vorisiert eindeutig die Abkömmlin-
ge des Erblassers, also dessen Kin-
der und Enkel, gewährt aber dem
überlebenden Ehegatten nur ein
Nießbrauchsrecht an einem Drittel
des Nachlasses. Benachteiligun-
gen des überlebenden Ehegatten
gelten auch in Bezug auf die Eltern
des Erblassers, also dessen Ver-
wandte in gerader Linie.
C:L:
Lässt sich diese schlechtere
Situation des überlebenden Ehe-
gatten durch Errichtung eines Tes-
taments ändern?
Dr. L.:
Ja und nein. Das spanische
Erbrecht kennt so genannte Noter-
ben – legitimarios -, deren Rechte
testamentarisch nur minimal ein-
schränkbar sind, weil lediglich ein
Drittel des Nachlasses der freien
Verfügung des Erblassers unterliegt.
Aber: Der üblicherweise dem spa-
nischen als dem Domizilsrecht un-
terliegende deutsche Erblasser mit
letztem Wohnsitz in Spanien hat
nach der EU-Verordnung die Mög-
lichkeit, für sein Heimatrecht zu op-
tieren.
C:L:
Wie muss das passieren?
Dr. L.:
Das Testament muss eine
ausdrückliche Bestimmung enthal-
ten, dass der Nachlass deutschem
Recht unterliegt.
C:L:
So einfach ist das!
Dr. L.:
Ja. Aber wenn ein Testa-
ment wegen des anwendbaren
Rechts errichtet wird, dann sollte
es auch den weiteren Wünschen
des Erblassers entsprechen, also
die Erben und ihre Erbquote ge-
nau bezeichnen.
C:L:
Was soll in ein solches Resi-
dententestament hinein?
Dr. L.:
Wenn der Erblasser Einzel-
gegenstände bestimmten Personen
vermachen will, soll er diese in sei-
nem Vermächtnis genau bezeich-
nen. Vermächtnisse können auch
in einem Testament ausgeworfen
werden neben der Bestimmung von
Erben. Sinn eines Testaments ist es
auch, künftige Streitigkeiten unter
den Erben zu vermeiden, also für
Rechtsfrieden nach dem Ableben
des Erblassers zu sorgen.
C:L:
WelcheMöglichkeiten gibt es?
Dr. L.:
Es kann in einer Teilungs-
anordnung bestimmt werden, wer
was bekommen soll. Es kann eine
Testamentsvollstreckung angeord-
net und ein bestimmter Testaments-
vollstrecker bestimmt werden. Der
Erblasser kann in seinem Testament
auch anordnen, dass seine Urne
in einem spanischen Orangenhain
beigesetzt werden soll.
C:L:
Geht das alles privatschriftlich
oder muss man zur Testamentser-
richtung zum
Notar gehen?
Dr. L.:
Der Erblasser hat beide
Möglichkeiten: Ein privatschriftli-
ches Testament muss von A bis Z
handschriftlich geschrieben und
unterschrieben sein. Ein notarielles
Testament wird in der Regel durch
ein notarielles Protokoll errichtet.
Es sei noch erwähnt, dass Spa-
nien und Deutschland beide dem
Haager Testamentsformabkommen
angehören.
C:L:
Das bedeutet auch, dass ein
Testament vor einem deutschen
oder vor einem spanischen Notar
errichtet werden kann?
Dr. L.: Die eine Frage ist die Form,
die andere des Inhalts des Testa-
ments. Wer als spanischer Notar
das deutsche Erbrecht kennt, wenn
für dieses optiert wird, kann guten
Gewissens den letzten Willen des
Erblassers protokollieren. Ist das
nicht gewährleistet, sollte man vor
Testamentserrichtung einen fach-
kundigen Berater konsultieren und
die entsprechenden Bestimmungen
des zu errichtenden Testaments fest-
legen.
C:L:
Die EU-Erbrechtsverordnung ist
zwar schon bindendes Recht, tritt
aber in allen Mitgliedsländern der
EU mit Ausnahme von Großbritani-
en, Nordirland und Dänemark erst
im Jahre 2015 in Kraft. Soll man so
lange warten, oder schon jetzt zur
Tat schreiten?
Dr. L.:
Kein Mensch weiß, was
morgen geschieht. In gleicher Wei-
se wie man durchaus schon in mitt-
leren Jahren eine Vorsorgevollmacht
und Patientenverfügung errichten
sollte, empfiehlt sich langes War-
ten, auf die lange Bank schieben,
auch nicht in Testamentsangelegen-
heiten. „Sein Testament machen“
heisst angesichts der durch die EU-
Verordnung veränderten Situation
für grenzüberschreitende Nach-
lässe eben das Vernünftige bereits
jetzt machen.
Wer angesichts der kommenden
EU-Erbrechtsverordnung sein Testa-
ment errichtet, sollte hierin auch frü-
here Testamente inhaltlich an neue
Situationen anpassen oder diese
widerrufen. In jedem Falle empfiehlt
sich bei Ehepartnern die ausdrück-
liche Option im Testament für das
deutsche Erbrecht.
C:L:
Herr Dr. Löber, wir danken Ih-
nen für dieses Gespräch.
g p
„Erben und Vererben in Spanien.“
ISBN 3-921326-49-4
(200 S., gebunden, € 38,-)
www.edition-spanien.de
Er ist als RA in Frankfurt am Main
Tel. 069 96221123
www.loeber-steinmetz.de
und gemeinsam mit Herrn Lozano,
spanischer Abogado und Asesor Fiscal,
in Valencia und Denia, als Abogado
(0034 963 287793)
tätig.
www.loeberlozano.com
EU-ERBRECHTSVERORDNUNG
UND TESTAMENTE
Ein Interview mit Dr. Burckhardt Löber,
Rechtsanwalt in Frankfurt am Main und Köln,
Abogado in Valencia und Dénia