Page 38 - Costa Live - Magazine 5 - 2019
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ERBEINSETZUNG GEGEN REGELMÄSSIGE BESUCHE. IST DAS ZULÄSSIG?
Von Dr. Alexander Steinmetz und Iris Fangauf
Iris Fangauf
Dr. Alexander Steinmetz
Ein Erblasser hatte in seinem Testament verfügt, dass seine En- kel jeweils Miterben werden, wenn sie ihn regelmäßig (6-mal pro Jahr) besuchen. Bei Errichtung seines Testaments waren die Enkel noch minderjährig. Ihre Eltern waren vom Erblasser über die Erbeinsetzung und über die Besuchsbedingung informiert worden. Das in der Sache befasste Oberlandesgericht Frankfurt ging davon aus, dass die regelmäßige Besuchspflicht der Enkel nicht erfüllt worden war. Es ging also um die Frage, ob eine entsprechende testamentarische Bedingung zulässig oder gar sittenwidrig war. Durfte der Erblasser die testamentarische Erb- einsetzung durch angeordnete Besuche seiner Enkel erkaufen?
Das Oberlandesgericht Frankfurt kam in seinem aktuellen Ur- teil vom 5. Februar 2019 (Aktenzeichen 20W98/18) zu dem Ergebnis, dass nach deutschem Erbrecht die testamentarische Besuchsbedingung sittenwidrig, die Erbeinsetzung jedoch gleichwohl wirksam war. Hierbei spielte auch die enge Bin- dung des Erblassers an die eingesetzten Erben eine Rolle. Bei den angeordneten Besuchen der Enkel ging es im Übrigen nicht darum, den Großvater etwa in Spanien zu besuchen. Obwohl kein Auslandsbezug im Verhältnis Großvater als Erblasser und seinen Enkeln als bedingte Erben ersichtlich war, also an der Zumutbarkeit hätte scheitern können, befand das Gericht die Gegenleistung der Besuchspflicht als sittenwidrig. Denn dies hätte einen unzulässigen Eingriff in die Freiheitsrechte der En- kel als Erben bedeutet.
Es zeigt sich an dem hier dargestellten Fall, dass Testamente auch ohne notarielle Form als handschriftliches Testament zu- lässig und wirksam sind; jedoch sollte man sich bei problema- tischen letztwilligen Verfügungen umfassend informieren. Der Testator sollte vermeiden, dass seine testamentarischen Anord- nungen der Unwirksamkeit ausgesetzt sind.
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